130 JAHRE 1. MAI - Vom Kampftag zum Feiertag? - Teil 2
Die Bedeutung und die wechselvolle Geschichte des 1. Mai in den vergangenen 130 Jahren lässt sich nicht nur aus der unterschiedlichen Bezeichnung dieses Tages ableiten, sondern bedarf auch einer genaueren historischen Betrachtung.
1918- 1945
Die zunehmenden Proteste von Soldaten, Matrosen und Arbeitern gegen die Weiterführung eines sinnlosen Krieges mündeten am 03. November 1918 im Kieler Matrosenaufstand, dem Beginn der Novemberrevolution, sowie der Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten.
Am 09.11.1918 wird durch Philipp Scheidemann (SPD) die demokratische Republik und durch Karl Liebknecht (Spartakusbund) die sozialistische Republik Deutschland ausgerufen. Der Kaiser dankt ab, die Monarchie bricht zusammen und mit der Unterzeichnung des Waffenstillstandes am 11.11.1918 endet der 1. Weltkrieg.
Die provisorische Regierung, der „ Rat der Volksbeauftragten“ und der „Reichsrätekongress“ entschieden sich gegen eine Räterepublik, die die KPD (Ende Dezember 1918 gegründet) forderte. Die Wahlen zur Nationalversammlung fanden am 19. Januar 1919 statt. Im Ergebnis der Sitzverteilung wurde eine Koalition aus SPD, Zentrum und DDP gebildet. Am 11.08.1919 trat die Weimarer Verfassung in Kraft.
Frauenwahlrecht, Achtstundentag, Ende der Monarchie, Festschreibung der Grundrechte können als Erfolg angesehen werden. Die Machtbefugnisse des Reichspräsidenten, insbesondere durch den Notverordnungsartikel 48 der Weimarer Verfassung, die Übernahme der kaiserlichen und militärischen Eliten, das Bündnis des späteren Reichspräsidenten Friedrich Ebert (SPD) mit der Obersten Heeresleitung unter Wilhelm Groener während der Novemberrevolution, barg ausreichend innenpolitischen Zündstoff für Krisen und war ein Teil von Ursachen für den Untergang der Weimarer Republik nach nur 14 Jahren Existenz.
So blieb es auch bei dem Versuch der Weimarer Nationalversammlung den 1. Mai als gesetzlichen Feiertag zu bestimmen. Die Mehrheit der bürgerlich - rechten Opposition stimmte dagegen und so wurde nur einmalig der 1. Mai 1919 als gesetzlicher Feiertag festgelegt.
In der Arbeiterbewegung selbst war die Frage, wie der 1. Mai öffentlich zu gestalten sei, sehr umstritten. Während die KPD den Kampfcharakter akzentuierte, wollten SPD und Teile der Gewerkschaften ihn eher als Festtag begehen.
Der 1. Mai 1929, auch „Blutmai“ genannt, ging in die Geschichte als trauriger Höhepunkt in der Spaltung zwischen KPD und SPD ein. Der sozialdemokratische Polizeipräsident von Berlin, Karl Zörgiebel, hatte wegen befürchteter Unruhen ein Demonstrationsverbot verhängt. Die KPD veranstaltete trotzdem eine Maidemonstration, in deren Verlauf es zu gewalttätigem Einschreiten und Schießereien durch die Polizei kam. Dabei wurden 28 Personen getötet, darunter auch völlig Unbeteiligte.
Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler durch den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg am 30. Januar 1933 beginnt die 12-jährige faschistische Diktatur. Durch Gleichschaltung aller Institutionen und Ausschaltung jeglicher Gegner und Opposition ergreifen Hitler und die NSDAP bis zum 02.08.1934 (Tod Hindenburgs) die absolute Macht. Die Vorstände der Gewerkschaften wollten sich dem Kabinett Hitler noch als unpolitische Fachvereine zur Vertretung ausschließlich beruflicher Interessen andienen und hofften, es würde etwas ähnliches geschehen, wie unter dem Sozialistengesetz von Bismarck – eine tragische Fehleinschätzung. Hitler benötigte die Gewerkschaftsvorstände nicht, wohl aber ihre Mitgliederbasis. Der Integration der Arbeiter in die „NS - Volksgemeinschaft“ maßen die neuen Machthaber oberste Priorität zu. Eine Schlüsselrolle hierbei sollte die Maifeier 1933 einnehmen.
„Am 1. Mai hält Adolf Hitler eine Ansprache vor Hunderttausenden von Menschen auf dem Tempelhofer Feld. Der Massenaufmarsch ist mit der damaligen großen Angst vor Entlassungen zu erklären und damit, dass die Auszahlung des Lohnes verknüpft wurde mit der Teilnahme an der Demonstration und den Kundgebungen. Der Tag wird vom nationalsozialistischen Regime erstmals zum ‚Tag der nationalen Arbeit‘ und damit zum gesetzlichen Staatsfeiertag bei voller Lohnfortzahlung erklärt.“ (Ronnie Grob: Neue Züricher Zeitung, 01.09.2016).
Der 1. Mai diente dem faschistischen Regime als Kulisse für Paraden, Aufmärsche und Leistungsschauen der deutschen Industrie. Die Vereinnahmung des alten Kampf- und Feiertages der Arbeiterbewegung war sehr weitgehend, da die Manipulation in breiten Teilen der Bevölkerung wirkte, vollständig ist sie den Machthabern allerdings nie gelungen.
Am 02. Mai 1933 werden die freien Gewerkschaften zerschlagen, die Gewerkschaftshäuser durch SA- und SS-Trupps gestürmt, die Vermögen beschlagnahmt und zahlreiche Funktionäre verhaftet. Die Gewerkschaftsmitglieder werden am 10. Mai zwangsweise in die neu gegründete „Deutsche Arbeitsfront“ (DAF) eingegliedert.
Thomas Friedel
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