Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht
(Heinrich Heine - 1844)
Die politische Entwicklung Deutschlands in den letzten Jahren zeigt einen stetigen Anstieg rechtextremer und faschistoider Parteien und Vereinigungen und deren Akzeptanz in weiten Teilen der Bevölkerung.
Man sagt allgemein, Geschichte wiederholt sich nicht 1 zu 1, aber Entwicklungstendenzen sowie die Art und Weise der Entwicklung politischer Prozesse können sich schon ähneln und in gleicher Weise vollziehen. Das gegenwärtige Deutschland erinnert schon sehr an Prozesse aus der Weimarer Republik vor über 90 Jahren. Seinerzeit vollzogen nationalistische und faschistische Parteien und Organisationen einen kontinuierlichen Weg zur Macht durch wesentliche Mithilfe und Unterstützung des deutschen Industrie- und Finanzkapitals und einer schleichenden Akzeptanz, Duldung und Bagatellisierung von anderen Parteien. Unterstützt wurde dieser Prozess auch durch die Zerstrittenheit und den erbitterten Kampf linker Kräfte von SPD und KPD gegeneinander. Das Alles führte letztlich zur breiten Unterstützung von Hitler und der NSDAP durch die Bevölkerung. 10 Jahre nach dem Beginn ihres Angriffs auf die damalige Weimarer Republik und ihres schrittweisen Siegeszuges durch Landes- und Kommunalparlamente hatten sie ihr Ziel 1933 erreicht. Mit dem demokratischen Wahlergebnis von 1933 und dem Händedruck von Hindenburg und Hitler war die Machtübernahme durch die Faschisten besiegelt. Die Folge war Beseitigung jeglicher Formen der politischen Demokratie, politische Gegner, Ausländer, Juden, sonstige Minderheiten wurden eingesperrt, deportiert und ermordet. Andere Länder Europas wurden annektiert, der 2. Weltkrieg mit Millionen von Toten und unsägliches Leid auf dem gesamten Kontinent wurde deutsche Politik.
Der damalige Weg der faschistischen Machtergreifung sollte eigentlich für immer und ewig in Erinnerung bleiben und eine Warnung sein. Heute im Jahr 2020 müssen wir jedoch feststellen, die Erinnerungskultur verblasst, in der Geschichtsschreibung werden zunehmend Verklärungen und Geschichtsneubewertungen vorgenommen. Es ist festzustellen, dass der Schoß aus dem das Unheil einst entstand mittlerweile wieder fruchtbar wird und bereits ist.
Die rechtsextreme und in maßgeblichen Führungspositionen faschistoide AFD ist seit 5 Jahren auf einen kontinuierlichen Vormarsch durch die Parlamente von Bund, Ländern und den Kommunen. Ihr Erstarken wurde ermöglicht und somit befördert durch die unzureichende Politik der anderen deutschen Parteien, vor allem die sich lange Zeit als sogenannte Volksparteien bezeichnende CDU/CSU und SPD. Die von der Bundesregierung unter CDU/CSU und SPD getroffenen konzeptionslosen Entscheidungen in 2015 zur Grenzöffnung und zur unkontrollierten Aufnahme von Flüchtlingen war ein wesentlicher Aspekt der Wiedergeburt und der Erstarkung der AFD, die zu dem damaligen Zeitpunkt aufgrund ihrer inneren Zerrissenheit und erbitterten Personalkämpfen (Lucke, Petry) Umfragewerte von 3-5 % hatte. Mit populistischen Forderungen und Auftreten haben sie in den folgenden Jahren neben dem Thema Asyl viele weitere in der deutschen Politik nicht gelösten Fragen aufgegriffen und drastische Veränderungen gefordert ohne selbst Lösungen anzubieten. Mit dieser Art und Weise wurde Politik betrieben und der Einzug in die deutschen Parlamente erfolgreich durchgeführt. Gegenwärtig gibt es deutschlandweit Zustimmungsraten von deutlich über 20% für diese rechtsextreme und faschistoide Partei.
Die AFD und ihre befreundeten Vereinigungen sind auf den besten Weg ihr verkündetes Ziel zu erreichen, welches Andreas Kalbitz (Mitglied im Bundesvorstand, Fraktionsvorsitzender im Landtag Brandenburg, Mitglied des sogenannten rechten Flügels) wie folgt formulierte: „Die AFD ist die letzte evolutionäre Chance für dieses Land. Danach kommt nur noch, Helm auf“. Übersetzt heißt das aber, man will die Gesellschaft radikal verändern und versucht das über den Weg der Erlangung der Machtherrschaft über die Parlamente. Und sollte dies über die Parlamente nicht zu erreichen sein, dann wird der Weg über und mit dem Stahlhelm als einzige Lösungsvariante angesehen.
Die Ereignisse vom 05.02.2020 zur Wahl eines Ministerpräsidenten von Thüringen mit Stimmen und von Gnaden der AFD und ich unterstelle an dieser Stelle auch nach vorheriger Absprache von CDU und FDP mit der AFD war für mich ein schockierender aber letztlich nicht überraschender Moment der deutschen Politik.
Liberale von der FDP und Christdemokraten von der CDU machen sich zum Steigbügelhalter der AFD. Sie sahen und sehen den politischen Gegner in diesem Land nicht bei der AFD sondern vor allem auf der linken Seite mit LINKE, SPD und Grüne. Man ist wieder einmal auf dem rechten Auge blind. Die AFD mit ihren klar rechtsextremen und nazistischen Grundausrichtungen wird in einem Atemzug mit der der LINKEN als Parteien der extremen Ränder bezeichnet, mit der man nicht zusammenarbeiten wolle. Die Gleichsetzung der beiden Parteien stellt bereits eine unverantwortliche Verharmlosung der Zielrichtungen der AFD dar und wertet sie damit bewusst als sogenannte Protestpartei weiter auf.
Die Stimmen in der CDU aus Landes- und Kommunalpolitik werden stetig mehr, die eine Zusammenarbeit und gemeinsame Abstimmungen mit der AFD befürworten. Die Bundes-CDU ist nicht mehr in der Lage Steuerungs- und Klärungspositionen in ihren eigenen Reihen herbeizuführen. Die CDU-Parteivorsitzende A. Kramp-Karenbauer gibt halbherzige Erklärungen ab, die alle Entwicklungsmöglichkeiten offen lassen. Der designierte Möchtegernkanzler F. Merz duckt sich völlig ab und äußerst sich überhaupt nicht zur ggw. politischen Lage. Es wird weiter taktiert und sich rechtgefertigt, da man sich ja schon auf die nächsten Wahlen in Hamburg und ggf. auch in Thüringen vorbereiten muss. Diese Art und Weise Politik zu betreiben wird noch mehr Menschen dazu bringen die Ränder und dabei vor allem die AFD zu wählen. Die CDU macht sich auch hier wieder zum aktiven Steigbügelhalter.
Aber die aktuellen Ereignisse von Thüringen sind nur ein Zeichen einer rechtsnationalistischen Entwicklung in Deutschland. Die AFD sitzt bereits in allen Parlamenten Deutschland fest im Sattel. Mitglieder von CDU, FDP und vor allem auch von kommunalen Wahlbündnissen fordern bereits eine Zusammenarbeit und Abstimmungen mit der AFD auf Landes- und Kommunalebenen.
Die Stärke der AFD nimmt auch dadurch zu, dass sie es versteht ihre Mitglieder und Sympathisanten in verantwortliche Funktionen in Vereinen zu installieren. Sport- und Kulturvereinen, Schützenvereine und die Freiwilligen Feuerwehren sind dabei vordergründige Zielobjekte. Und hierüber haben sie bereits und werden sie weitere Akzeptanz und Unterstützung aus der Bevölkerung erhalten. Auch die Akzeptanz und offene Unterstützung von Behördenmitarbeitern aus Polizei, Bundeswehr und Geheimdiensten ist ein erschütterndes Faktum.
Zu all den Entwicklungen müsste eigentlich ein gesamtgesellschaftlicher Aufschrei kommen „Wehret den Anfängen“. Aber was machen die anderen Parteien. Sie beschäftigen sich mit sich selbst, versuchen sich krampfhaft an Machtpositionen festzuhalten und verwalten dieses Land mehr schlecht als recht.
In der Innenpolitik werden gravierende Fragen seit Jahren nicht oder unzureichend bearbeitet und geklärt. Dazu zählen z.B.:
- Ausländer- und Asylpolitik
- Fragen der inneren Sicherheit
- Sicherung der Bildungsstandorte
- Entwicklung der Infrastruktur
- Erhalt deutscher Weltmarkpositionen in Wissenschaft und Wirtschaft
In der deutschen Außenpolitik scheut man die Auseinandersetzung mit dem reaktionären, nationalistischen USA-Kurs von D. Trump, der Europa und somit auch Deutschland nicht mehr als Freund sondern als wirtschaftlichen Konkurrenten ansieht, den man bekämpfen muss. Die amerikanische Außenpolitik brachte den Irak-Krieg und den arabischen Frühling mit der Folgen von IS, Flüchtlingsbewegung, instabile Länder und Regionen und die Wirkungen bekam und bekommt vor allem Europa zu spüren, nicht die USA. Dennoch folgt Deutschland dem Kurs der USA und lässt sich auch Einbinden in der Auseinandersetzung mit Russland. Dabei sind die historisch und aktuell notwendigsten Partner deutscher Außenpolitik vor allem Russland und Frankreich, die im Gegensatz zur gegenwärtigen USA auch verlässliche Partner sind. In der NATO-Allianz ist Deutschland, seitdem eine von SPD/Grüne-geführte Bundesregierung 1999 erstmals nach dem 2. Weltkrieg sich wieder an kriegerischen Handlungen beteiligte, bis zum heutigen Tag Kriegspartei geblieben. Die vollmundigen Erklärungen Probleme auf der Welt wie Hunger und Elend an den Orten wo sie auftreten durch aktive Hilfe und Unterstützung zu lösen sind seit mehreren Jahrzehnten nichts weiter als Worthülsen. Wie vor über 150 Jahren sind diese Länder für den Westen und somit auch für Deutschland in erster Linie Rohstofflieferanten und Absatzmärkte. Es geht weiterhin nur um die Erzielung maximaler Gewinne zugunsten des Industrie- und Finanzkapitals.
Aber neben den Regierungsparteien tun auch die anderen linken und liberalen Parteien ggw. Alles, damit sich die Bürger von ihnen als wählbare Parteien abwenden.
Die SPD trägt als Mitglied der Regierungskoalition eine Gesamtmitverantwortung für die unzureichenden Entwicklungsprozesse. Sie haben auch die Grundlagen gelegt für die Hartz-Gesetze, einen riesigen Billiglohnsektor und sozialen Notständen.
Die Grünen erwecken den Anschein, dass sie im Rahmen der weltweiten Klimarettungs- und Ökologiebewegung alle anderen Fragen auch lösen könnten. Das ist ein gefährlicher Trugschluss, denn mit dieser einseitigen und oftmals kompromisslosen Sichtweise werden sie wesentlich dazu beitragen den Wirtschaftsstandort Deutschland kontinuierlich zu vernichten.
Die LINKE reibt sich auf in Personaldebatten, verlässt politische Grundpositionen durch die Anbiederung an die SPD bei Regierungsbeteiligungen und wird nicht mehr als Vertreter der sozial Schwachen angesehen. Den Status als Protestpartei hat sie längst an die AFD verloren. Ein Rückhalt und die Unterstützung vor allem aus Kreisen der Jugend liegen nicht vor. Ihr einziger und auch wichtigster Vorteil ist weiterhin, dass sie die einzige Antikriegspartei der im Bundestag vertretenen Parteien ist.
Die FDP und das zeigen die Ereignisse von Thüringen deutlich, wollen wieder an Machtpositionen zurückkehren, um als Lobbypartei für das Industrie- und Finanzkapital zu wirken. Die Interessen der kleinen Leute sind ihnen ziemlich egal.
Der große Aufschrei zur Verhinderung nationalistischer und faschistischer Parteien und Vereinigungen ist in Deutschland nicht oder nur sehr verhalten zu hören. Es ist zu befürchten, dass der schleichende Prozess der Akzeptierung, Hoffähigkeit und des Erstarkens der AFD in den Parlamenten eine Fortsetzung findet, wenn nicht umgehend alle demokratischen Kräfte von links bis rechts eine gemeinsame Linie herbeiführen, um die AFD demokratisch zu bekämpfen und zu entlarven. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass endlich eine ordentliche Politik für und mit den Menschen in diesem Land durch die anderen Parteien vorgenommen wird. Der AFD und ihrer Politik muss man energisch in den Parlamenten aber auch auf der Straße entgegentreten. Dies jetzt und mit Entschlossenheit zu tun, ist Angelegenheit eines jeden Bürgers. Ein Verstecken hinter Wahlen, Parteien, Verwaltungen und beruflichen Tätigkeiten kann es nicht mehr geben. Es geht um den Erhalt der Demokratie in Deutschland und Europa. Es geht vor allem um eine sichere Zukunft für unser Kinder und Enkel.
Rehfelde, 09.02.2020
Carsten Kopprasch
Spruch der Woche
„Denken, was wahr ist! Fühlen, was schön ist! Wollen, was gut ist!“
(August von Platen - 1796 – 1835)
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„Das Gewissen ist das Gesetz der Gesetze.“
(Alphonse de Lamartine - 1790 – 1869)
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